Ratgeber: Marathontraining erkrankt und unsicher?

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Copyright: Herbert Steffny

Beine schmerzen beim langen Lauf



Frage von Sabrina:

Guten Tag Herr Steffny,
 
ich hoffe auf ihren professionellen Rat, denn bisher konnte ich nirgendwo entsprechende Antworten finden. Leider auch nicht in ihrem großen Laufbuch, wovon ich mir vor kurzem die neueste Auflage gekauft und die ältere Version verschenkt habe. 
 
Ich habe folgendes Problem: Seit einem halben Jahr bereite ich mich auf den kommenden Köln-Marathon vor. Ich befinde mich quasi im Endspurt dafür und frage mich, ob ich bzw. meine Beine tatsächlich schon bereit dafür sind.
 
Während der langen Läufe, ca. ab Kilometer 25- 28 beginnen meine Beine zu schmerzen. Die Knöchel fühlen sich steif an, im Schambeinbereich zieht es, die Beine werden schwer. Begegne ich jedes Mal "dem Mann mit dem Hammer"?
Wobei es mal schlimmer und ein anderes Mal weniger schlimm ist. 
 
Anschließend spüre ich oft verkrampfte Waden und besagten Schmerz/ziehen im Schambeinbereich. Dies lässt am nächsten Tag bereits nach. Ich bemerke also keine bleibenden Schäden dadurch. Ich hatte bisher gehofft es würde sich mit zunehmendem gewöhnen an die langen Distanzen bessern.
 
Zu meiner Laufhistorie: Im Herbst 2012 begann ich mit dem laufen. Es folgte von Dezember 2012- April 2013 ein kleines Laufkoma von etwa einem dreiviertel Jahr. Ich arbeitete mich danach hoch auf einen Halbmarathon im November 2013, den ich mit 1:49 h beendete. Von März bis Juni 2014 erneut eine Laufpause. Zwei Monate wieder aktives Laufen gefolgt von einer längeren Pause aufgrund beruflicher Veränderung. Sportlich untätig war ich in dieser Zeit nicht. Ich sportelte quasi vor dem Fernseher, verschiedenste Fitness-Dvds. Im Prinzip lief/sportelte ich jeden zweiten, dritten Tag. 
 
Im Februar 2015 fand ich wieder zum laufen zurück. Diesmal blieb ich konsequent dabei. Distanzen zwischen 10- 14 km. Im Oktober lief ich nochmals einen Halbmarathon (zuvor die Lauf- km erhöht) mit 1:54:27 h unter erschwerten Bedingungen. Ich bin Altenpflegerin im 3- Schichtsystem. Ich kam an dem Morgen aus dem Nachtdienst. War somit unausgeschlafen und war die ganze Nacht auf den Beinen gewesen.

Den Winter über lief ich fleißig durch. Im März dieses Jahres meldete ich mich beim Marathonprojekt in Lüdenscheid- Hellersen in der Sportklinik an. Ein Projekt für Marathonneulinge, aber auch für Fortgeschrittene. Voraussetzung ist etwa dreimal wöchentliches Laufpensum einer Stunde von mind. anderthalb- zwei Jahren, BMI nicht höher als 30 und körperlicher Gesundheit. Es folgten Gesundheitschecks und Leistungsdiagnostiken. Eine Marathonzeit von 4:20 h scheint für mich als realistisch. Der leitende Professor richtet sich ebenfalls nach ihren Plänen und ihrem großem Laufbuch. Neben dem Marathontraining führe ich ca. 3x die Woche ein Läuferworkout durch. Es gibt eine DVD von Till Sukopp, Fit fürs Laufen.
Ich selbst habe einen BMI von 20 und bin Neutralläuferin. 
 
Mein Wunsch ist es gut im Ziel anzukommen, sodass ich nicht abgeschreckt bin, sondern sagen kann "ja, das möchte ich wieder tun."
 
Das waren nun sehr viele Informationen, aber ich möchte Ihnen die Möglichkeit geben mich und meine Laufleistung realistisch einschätzen zu können.
 
Ich hoffe Sie können mir eine baldige Antwort liefern,
ich danke Ihnen bereits im voraus,
 
Sabrina



Antwort von Herbert Steffny:

Liebe Sabrina,

in Kürze: Es ist schwierig ohne Sie zu kennen von außen einen speziellen Tipp zu geben. Ich bin zudem auch kein Arzt, denn es könnten natürlich auch medizinische Probleme die Ursache sein.
 
Als Trainer ein paar allgemeine Gedanken (ohne Anspruch auf Vollständigkeit)...
 
Müde Beine ev. Schmerzen sind kein untypischer Begleiter des Marathontrainings, speziell der langen Läufe, aber es sollte natürlich nicht zu stark sein. Marathon ist eben ein Grenzgang. Unsicherheiten treten nicht selten wie bei Ihnen ein paar Wochen vor dem Marathon auf, mit viel Ausruhen ist man allerdings am Tage X viel besser drauf als im Training zuvor (Ausruhen in der letzten Woche, volle Energiespeicher, Zuschauer, Mitläufer, Adrenalin usw... ACHTUNG! Dann aber nicht zu schnell losrennen!). Man braucht auch mindestens drei lange Läufe bis der Körper kapiert, was der Kopf mit ihm vor hat.
 
Nichtmedizinische Ursachen bei schmerzenden Beinen bei langen Läufen sind beispielsweise...
  • zu schnelles Tempo beim DL und beim langen Lauf (siehe moderates Tempo meiner Pläne... nicht wenige laufen unreflektiert einfach schneller, dann ist es aber nicht mein Plan)
  • Distanz beim langen Lauf zu schnell gesteigert (z.B.: bisher 12km längster Lauf und man versucht sich übermütig gleich am 30k Lauf...)
  • mangelnde Regeneration, zuwenig Schlaf
  • zuviel sonstiger Stress, allgemeine Überforderung (Ihr Schichtdienst?)
  • zuwenig Gymnastik, ev. Physiotherapie
  • mangelnde, einseitige Ernährung, falsches Trinkenbei den langen Läufen (ohne Kochsalz?) oder Alltag
  • falsche oder ausgelatschte Schuhe
  • falscher Laufstil (zu großer Schritt, Vorfußlaufen für Marathon etc...)
  • Übergewicht (bei Ihnen nicht der Fall, BMI 20)
  • usw.
Ich verweise da auch auf die umfassenden Informationen im großen Laufbuch. Ansonsten müssten doch auch die Ärzte der Sportklinik Lüdenscheid- Hellersen Ihnen einen Tipp zu medizinischen Aspekten geben können. Die Zielzeit von 4:20 beim Debüt erscheint mir realistisch.
 
Und nun viel Glück - vielleicht ist es auch ein mentaler "Hänger"

Herbert Steffny


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Im Nachtrag Sabrina:

Herr Steffny,

ganz herzlichen Dank für die schnelle Antwort. Es kann durchaus daran liegen, dass ich wohl zu schnell unterwegs war. So betont langsam zu laufen fällt schon sehr schwer. Ich erinnere mich an einen sehr ruhigen Lauf von 34 km in 3:33. Dieser lief erstaunlicherweise gut. Erst im anschließend Spätdienst schmerzten mir die Beine, je länger ich auf den Beinen war. Ich bin natürlich beruflich viel auf den Beinen plus die Wochenkilometer.

Mental kommt ebenfalls Versagensangst hinzu. Mein Gedanke war oft, dass ich im Marathon nicht durchweg schleichen werde und die Beine sich wohl dran gewöhnen werden. Aber nächster Woche habe ich Urlaub und werde gut regenieren können bis zum Start.

Ihre Antwort war trotzdem aufschlussreich für mich und hat mir wohl selbst Erklärungen gegeben.
Vielen Dank,

Sabrina


Nochmals Herbert Steffny:

Aha, dachte ich's doch!

Vielleicht machen Sie sich ingesamt zuviel Druck und Stress....
Laufen (insbesondere ein langer Lauf) ist eher eine Oase der Entspannung als ein Kampf, die Dauer zählt mehr als das Tempo.... Vor allem, wenn man noch sein Marathon-Debüt plant. Beim zweiten Marathon können Sie dann mehr riskieren. Mit wirklich lockeren langen Läufen kommen Sie bei ihrer geplanten Premiere also besser über die Runde.

Diese Philosophie können Sie durchaus in meinen Laufbüchern finden, haben Sie vielleicht überlesen ;-))

 
Ganz weit als Ferntrainer - mit freundlichen und sportlichen Grüßen

Herbert Steffny



 
 

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